Arbeitnehmereigenschaft als Anknüpfungspunkt für Freizügigkeitsrechte

Aufenthaltserlaubnis darf nicht vom Erreichen des nationalen Mindestlohns abhängig gemacht werden
(C-53/81 vom 23.03.1982, Levin)

Der Fall:

Die britische Staatsbürgerin Frau Levin beantragte zu Beginn der 80er Jahre eine Aufenthaltserlaubnis für die Niederlande. Sie gab an, dass sie hier eine unselbständige Erwerbstätigkeit aufgenommen habe. Die Erlaubnis wurde ihr von den niederländischen Behörden verweigert, weil Frau Levin mit ihrer Erwerbstätigkeit weniger verdiente, als das im niederländischen Recht festgesetzte Existenzminimum.

Laut Europäischem Gerichtshof muss für die Gewährung des Aufenthaltsrechts, welches die Arbeitnehmereigenschaft der betreffenden Person voraussetzt, ausschlaggebend sein, dass der Betreffende eine tatsächliche und echte Tätigkeit im Lohn- oder Gehaltverhältnis ausübt. Ob mit dieser Tätigkeit der gesetzliche Mindestlohn erreicht wird, ist unerheblich, solange die Tätigkeit keinen so geringen Umfang hat, dass sie sich als völlig untergeordnet und unwesentlich darstellt.

Das Urteil:

1. Unter die gemeinschaftsrechtlichen Vorschriften über die Freizügigkeit der Arbeitnehmer fällt auch ein Angehöriger eines Mitgliedstaats, der im Hoheitsgebiet eines anderen Mitgliedstaats eine Tätigkeit im Lohn- und Gehaltverältnis ausübt, mit der er weniger verdient, als im letztgenannten Staat als Existenzminimum angesehen wird. Dabei kommt es nicht darauf an, ob er die Einkünfte aus seiner Tätigkeit im Lohn- oder Gehaltsverhältnis durch andere Einkünfte bis zu diesem Minimum ergänzt oder sich mit Existenzgrundlagen begnügt, die darunter liegen. Voraussetzung ist jedoch, dass er tatsächlich eine echte Tätigkeit im Lohn- oder Gehaltverhältnis ausübt.

2. Die Absichten, die einen Arbeitnehmer aus einem Mitgliedstaat möglicherweise dazu veranlasst haben, in einem anderen Mitgliedstaat Arbeit zu suchen, sind hinsichtlich seines Rechts auf Einreise in das Hoheitsgebiet des letztgenannten Staates und auf den Aufenthalt in diesem Gebiet belanglos, wenn er dort tatsächlich eine echte Tätigkeit ausübt oder ausüben will.

Originaltext des Urteils:

Urteil des Europäischen Gerichtshofes in der Rechtssache C-53/81: Levin