Ein Psychotherapeut will in Deutschland praktizieren

Große Unterschiede bei der Therapeutenausbildung in den EU-Ländern behindern Approbation

Ich bin Österreicher und Psychotherapeut. Aus privaten Gründen möchte ich nach Bayern ziehen. Kann ich in Deutschland meinen Beruf ausüben? Wird meine Therapeutenausbildung anerkannt?

Der Beruf des Psychotherapeuten ist ein "reglementierter Beruf", das heißt seine Ausübung ist gesetzlich geregelt. Damit die entsprechenden nationalen Gesetze die Mobilität nicht behindern, gibt es europäische Regelungen zur gegenseitigen Anerkennung von Hochschulabschlüssen und anderen besonderen Ausbildungen und Befähigungen. 

Im Fall des Psychotherapeuten sind jedoch nur die allgemeinen Regeln anwendbar. Die deutschen Behörden überprüfen, ob Ihre Ausbildung in Österreich gleichwertig mit der deutschen Ausbildung ist. Da die Ausbildungen in Inhalt und Dauer in den europäischen Mitgliedsstaaten stark variieren, gestaltet sich die Anerkennung kompliziert. In Deutschland wird für Inländer eine umfangreiche zweiteilige Ausbildung vorausgesetzt. Deshalb ist es für deutsche Psychotherapeuten mit ihrer sehr umfassenden Ausbildung meist unproblematisch, ihre Ausbildung in einem anderen Mitgliedstaat anerkennen zu lassen.

Grundsätzlich als gleichwertig wird Ihre Ausbildung eingestuft, wenn Sie in Österreich in der Psychotherapeutenliste eingetragen sind. Darüber hinaus müssen die Praxisstunden während Ihrer Ausbildung den Anforderungen der deutschen Ausbildung entsprechen. Problem: Die österreichische Ausbildung sieht in der Regel 1000 Stunden weniger Praxiserfahrung vor als die deutsche Ausbildung.

Um diese Lücke zu schließen, kann von der Anerkennungsbehörde Ihre Berufspraxiserfahrung zur Schaffung der Gleichwertigkeit herangezogen werden. Ist dies nicht möglich, können Sie sich einer Eignungsprüfung unterziehen.

Ein weiteres Problem liegt in der Tatsache, dass in Österreich die Diagnostik häufig nicht Gegenstand der Ausbildung ist. Sie liegt dort im Aufgabenbereich klinischer Psychologen. Die Prüfungsämter gehen unterschiedlich mit diesem Unterschied in der Ausbildung um. Meist wird eine Eignungsprüfung oder ein Nachweis entsprechender Berufspraxis verlangt

Da in Österreich jeder Hochschulabsolvent eine Ausbildung zum Psychotherapeuten beginnen kann, in Deutschland diese Ausbildung aber den Absolventen weniger Studiengänge vorbehalten ist (Psychologie, Medizin, Pädagogik und Sozialpädagogik), kann hier ein weiterer ein Stolperstein für Ihre Approbation liegen. Bisher sind nur grenzüberschreitende Fälle bekannt, die die deutschen Voraussetzungen erfüllten. Sollten sie aber einen Hochschulabschluss besitzen, der nicht den deutschen Zugangsvoraussetzungen entspricht, könnte die Anerkennung der Gleichwertigkeit wiederum gefährdet sein. Gegebenenfalls weisen Sie Ihre Qualifikation durch eine Eignungsprüfung nach.

Wenn Ihre Ausbildung als gleichwertig anerkannt wurde, dann steht Ihrer Approbation nichts mehr im Wege. Nachdem Sie Ihre Approbation erhalten haben, dürfen Sie den Beruf des Psychologischen Psychotherapeuten in Deutschland ausüben und die Berufsbezeichnung führen.

Beachten sollten Sie jedoch die Besonderheiten unseres Sozialversicherungssystems. Um im Rahmen des Systems der gesetzlichen Krankenversicherung abrechenbare Leistungen für Kassenpatienten erbringen zu können, müssen Sie in das Arztregister eingetragen werden, also eine Kassenzulassung erhalten. Diese wird durch den Zulassungsausschuss der örtlichen kassenärztlichen Vereinigung erteilt. In Ihrem Fall ist dies die Kassenärztliche Vereinigung Bayern.

An dieser Stelle erfolgt wieder eine Gleichwertigkeitsprüfung. Ihre Qualifikation muss einer Ausbildung entsprechen, die vom Bundesausschuss anerkannt wird (§95c SGB V). An dieser Stelle liegen die Anforderungen noch höher als bei Ihrer Approbation. Neben Inhalten der Ausbildung und Mindeststundenzahlen bei der Praxiserfahrung wird hier noch Ihre Ausbildung zu bestimmten Therapieformen bewertet.

Vom Bundesausschuss werden nur drei Therapieverfahren anerkannt. Dies sind die Verhaltenstherapie , die Analytische Psychologie und die Individualpsychologie. Wenn sie eine anerkannte Ausbildung in diesen Therapieformen besitzen und Ihre Ausbildung als gleichwertig eingestuft wird, ist Ihre Zulassung und Eintragung möglich.  Sollte die Zulassungsstelle Ihre Ausbildung jedoch als nicht gleichwertig beurteilen, kann eine Nachqualifikation an den anerkannten Schulen für die Psychotherapieausbildung erfolgen. Dies liegt im Ermessen der Zulassungsstelle.

Wenn Ihre Ausbildung auch vom Zulassungsausschuss anerkannt wird, steht Ihnen die letzte Hürde bevor. Dies ist die Bedarfsplanung. Die kassenärztlichen Vereinigungen stellen regionale Bedarfspläne für Ärzte und Psychotherapeuten auf.  Die Bedarfsplanung soll sicherstellen, dass nicht mehr Therapeuten in einem räumlichen Bereich zugelassen werden, als für die Patientenversorgung notwendig ist. Daher müssen Sie erfragen, ob in Ihrem Zielgebebiet überhaupt Bedarf besteht oder die Zulassung gar gesperrt ist, dann müssen Sie auf andere Gebiete ausweichen. Informationen erhalten Sie von der jeweils zuständigen Kassenärztlichen Vereinigung.

Wenn in Ihrem Zielgebiet Bedarf besteht, steht Ihrer Zulassung nichts mehr im Wege. Sie können dann Mitglieder der gesetzlichen Krankenkassen behandeln. Mitglieder einer privaten Krankenversicherung, können sie ohnehin behandeln, jedoch ist iauch dort wie bei den gesetzlichen Krankenkassen, eine genaue Beachtung der Versicherungsleistungen erforderlich, damit Sie oder Ihr Patient bei der Abrechnung nicht eine unangenehme Überraschung erleben.

Weitere Informationen:

 

Berufsverband Deutscher Psychologinnen und Psychologen

Gesetz über die Berufe des Psychologischen Psychotherapeuten und
des Kinder- und Jugendlichenpsychotherapeuten

Kassenärztlichen Vereinigung Bayerns