Trennungsentschädigung für Arbeitnehmer

Höhe darf ohne berechtigten Grund nicht vom Wohnsitz des Arbeitnehmers abhängig gemacht werden
(C - 152/73 vom 15.021974, Sotgiu)

Der Fall:

Der italienische Staatsangehörige Giovanni Maria Sotgiu, dessen Familie in Italien wohnte, war bei der deutschen Bundespost als Arbeiter beschäftigt. Er fühlte sich diskriminiert, weil ihm eine niedrigere Trennungsentschädigung gezahlt wurde als deutschen Arbeitnehmern, deren Familien in einem anderen Ort der Bundesrepublik lebten.

Laut Europäischem Gerichtshof verbieten die gemeinschaftsrechtlichen Vorschriften über die Gleichbehandlung nicht nur offensichtliche Diskriminierungen aufgrund der Staatsangehörigkeit, sondern auch alle versteckten Formen der Diskriminierung, die durch die Anwendung anderer Unterscheidungsmerkmale, wie etwa Herkunftsort oder Wohnsitz eines Arbeitnehmers, tatsächlich zu dem gleichen Ergebnis führen.
Jedoch kann der Umstand, dass die Trennungsentschädigung für Arbeitnehmer mit Wohnsitz im Inland nur vorübergehend gewährt wird und mit einer Verpflichtung zum Umzug an den Arbeitsort verbunden ist, während sie an Arbeitnehmer gleich welcher Staatsangehörigkeit, die ihren Wohnsitz im Ausland haben, auf unbeschränkte Zeit und ohne Verpflichtung zum Umzug gewährt wird, einen berechtigten Grund für die unterschiedliche Höhe der Zahlung darstellen.

Das Urteil:

1. Artikel 48 Absatz 41 des Vertrages ist dahin auszulegen, dass die dort getroffene Ausnahmebestimmung ausschließlich den Zugang zu Beschäftigungen in der öffentlichen Verwaltung betrifft. Die Art des Rechtsverhältnisses zwischen dem Arbeitnehmer und der Verwaltung ist insoweit unerheblich.

2. Artikel 7 Absatz 1 und 4 der Verordnung Nr. 1612/68 ist dahin auszulegen, dass die Trennungsentschädigung, die zusätzlich zum Lohn gezahlt wird, unter den Begriff "Arbeitsbedingungen" fällt, ohne dass es darauf ankommt, ob die Zahlung als freiwillige Leistung oder aufgrund einer gesetzlichen oder vertraglichen Verpflichtung erfolgt.

3. Es kann je nach den Umständen eine nach Artikel 7 Absatz 1 und 4 der Verordnung Nr. 1612/68 verbotene unterschiedliche Behandlung darstellen, wenn für die Gewährung der Trennungsentschädigung darauf abgestellt wird, dass der Arbeitnehmer seinen Wohnsitz in einem anderen Mitgliedstaat hat. Dies ist allerdings nicht der Fall, wenn die für eine solche Entschädigung geltende Regelung sachliche Unterschiede in der Lage des Arbeitnehmer berücksichtigt, je nachdem, ob sie bei Aufnahme ihrer Tätigkeit ihren Wohnsitz im Inland oder im Ausland haben.
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1 Jetzt Artikel 39 Absatz 4 EG.

Originaltext des Urteils:

Urteil des Europäischen Gerichtshofes in der Rechtssache C-152/73:
Giovanni Maria Sotgiu / Deutsche Bundespost