Zugang zu einer speziellen Berufsausbildung für Lehrer

Der generelle Ausschluss von Bewerbern, die an einer Schule eines anderen Mitgliedstaats beschäftigt sind, ist unzulässig
(C-40/05 vom 11.01.2007, Lyyski)

Der Fall:

Im Hinblick auf den starken Anstieg der Schülerzahlen und die zahlreichen pensionierungsbedingten Abgänge von Lehrern wurde in Schweden von sechs Universitäten und Hochschulen für einen befristeten Zeitraum eine spezielle Lehrerausbildung angeboten. Hierdurch sollte etwa 4000 Lehrern, denen unter Zugrundelegung des normalen, durch das schwedische Schulgesetz geregelten Ausbildungsgangs die für eine unbefristete Anstellung an einer schwedischen Schule erforderliche Qualifikation fehlte, eine Ausbildung verschafft werden.
Die Ausbildung war in erster Linie für Angehörige anderer Mitgliedstaaten gedacht, die aufgrund befristeter Verträge als Lehrer in Schweden eingestellt worden waren und bei denen eher als bei schwedischen Staatsangehörigen davon ausgegangen werden musste, dass sie nicht alle Qualifikationen besaßen, um auf dem normalen Weg Zugang zu einer Dauerstelle als Lehrer zu erhalten.
Der schwedische Staatsangehörige Kaj Lyyski bewarb sich zum Wintersemester 2004 um die spezielle Lehrerausbildung an einer schwedischen Universität. In seiner Bewerbung gab er an, dass er für die Dauer dieser Ausbildung eine Lehrerstelle an einer schwedischsprachigen Sekundarschule in Finnland innehaben werde. Die schwedische Universität lehnte Herrn Lyyskis Bewerbung mit der Begründung ab, dass er die Voraussetzungen für die Zulassung zu der Ausbildung nicht erfülle, da er nicht an einer schwedischen Schule angestellt sei und dementsprechend den praktischen Ausbildungsabschnitt in Finnland absolvieren müsste. Herr Lyyski focht diese Entscheidung bei dem zuständigen schwedischen Gericht an und machte geltend, dass er als schwedischer Staatsbürger mit Wohnsitz in Finnland und einer Anstellung bei einer schwedischsprachigen Sekundarschule in diesem Mitgliedstaat über hinreichende berufliche Kenntnisse für eine künftige Lehrerlaufbahn verfüge.

Wenn nur solchen Bewerbern der Zugang zu einer speziellen Lehrerausbildung in Schweden eröffnet wird, die an einer schwedischen Schule angestellt sind, besteht laut Europäischem Gerichtshof die Gefahr, dass in anderen Mitgliedstaaten arbeitende Staatsangehörige und vor allem solche benachteiligt werden, die, wie Herr Lyyski, ihr Recht auf Freizügigkeit ausgeübt haben.
Obwohl die streitige Zugangsvoraussetzung also eine Beeinträchtigung der Arbeitnehmerfreizügigkeit darstellt, könnte sie dennoch zulässig sein, wenn sie einen berechtigten Zweck verfolgte und im Hinblick auf diesen Zweck verhältnismäßig wäre. Angesichts dessen hat das zuständige nationale Gericht zu prüfen, ob die streitige Zugangsvoraussetzung nicht über das hinausgeht, was zur Erreichung des vorliegend legitimen Zwecks, nämlich die Erhaltung und Verbesserung des schwedischen Bildungssystem, erforderlich ist.
Da die Zugangsvoraussetzung der Anstellung an einer schwedischen Schule im Hinblick auf die Durchführung des praktischen Abschnitts der Sonderausbildung aufgestellt wurde, muss das zuständige Gericht feststellen, ob sich dieser Ausbildungsabschnitt nicht auch überwachen und bewerten ließe, wenn er in einem Umfeld außerhalb des schwedischen Schulsystems stattfände. Auch eine eventuelle Befreiungsmöglichkeit von der praktischen Ausbildung, je nach Wesentlichkeit dieses Ausbildungsabschnitt und individueller Befähigung des einzelnen Bewerbers, müsse bedacht werden.

Das Urteil:

Das Gemeinschaftsrecht steht einer nationalen Regelung über die befristete Organisation einer Ausbildung zur kurzfristigen Deckung des Bedarfs an qualifizierten Lehrern in einem Mitgliedstaat, die von Bewerbern um diese Ausbildung eine Anstellung an einer Schule dieses Mitgliedstaats verlangt, nicht entgegen, sofern die Anwendung dieser Verordnung nicht dazu führt, dass grundsätzlich jede Bewerbung eines Lehrers ausgeschlossen wird, der nicht an einer solchen Schule angestellt ist, ohne dass diese Bewerbung zuvor individuell insbesondere im Hinblick auf die Eignung des Bewerbers sowie darauf geprüft wird, ob der praktische Abschnitt von dessen Ausbildung überwacht oder dieser unter Umständen davon befreit werden kann.

Originaltext des Urteils:

Urteil des Europäischen Gerichtshofes in der Rechtssache C-40/05: Lyyski