Vorabentscheidungsersuchen in einem Verfahren um die Bewilligung einer Altersrente

Ersuchen muss nicht mehr beantwortet werden, wenn die Ansprüche der Kläger des Ausgangsverfahrens befriedigt worden sind
(C-225/02 vom 20.01.2005, García Blanco)

Der Fall:

Die Wanderarbeitnehmerin Rosa García Blanco erhob im Mai 2001 vor einem spanischen Gericht Klage, weil ihr die Bewilligung einer spanischen Altersrente, auf die sie ab dem 10. Oktober 2000 einen Anspruch habe, verweigert worden war.
Das spanische Gericht setzte das Verfahren aus und legte dem Europäischen Gerichtshof zwei Fragen bezüglich der Vereinbarkeit der streitentscheidenden spanischen Normen mit dem Gemeinschaftsrecht zur Vorabentscheidung vor.
Am 8. April 2003 wurde dem Europäischen Gerichtshof mitgeteilt, dass der inzwischen verstorbenen Frau García Blanco die von ihr beantragte spanische Altersrente mit Bescheid vom 3. April 2003 ab dem 10. Oktober 2000 bewilligt worden sei. Mit diesem Bescheid wurde im Übrigen die Tochter der Verstorbenen als Hinterbliebene aufgefordert, zwischen dieser Altersrente und der ihr schon vorher gewährten Unterstützung für Familienangehörige zu wählen, da diese beiden Leistungen nicht kumulierbar seien. Die Betroffene habe sich für diese Unterstützung entschieden, die höher als die Altersrente sei.
Trotzdem nahm das vorlegende spanische Gericht sein Vorabentscheidungsersuchen nicht zurück, weil die Antwort des Gerichtshofes im Ausgangsverfahren ihm in anderen, bei ihm anhängigen Verfahren dienlich sei.
Daraufhin führte die Kanzlei des Europäische Gerichtshofes an, dass dieser nur in einem bei einem nationalen Gericht anhängigen Verfahren um Vorabentscheidung ersucht werden könne, und erinnerte daran, dass das spanische Gericht berechtigt sei, dem Gerichtshof die gleichen Vorabentscheidungsfragen in einem anderen Verfahren vorzulegen, mit dem es befasst sei.
Das spanische Gericht erwiderte, dass das Ausgangsverfahren noch nicht abgeschlossen sei, insbesondere da die Hinterbliebene der Verstorbenen ihre Klage nicht zurückgenommen habe und da die Beklagten die ursprüngliche Entscheidung der Versagung der Rente, gegen die die Klage im Ausgangsverfahren erhoben worden sei, nicht förmlich aufgehoben hätten.

Laut Europäischem Gerichtshof ist das in Artikel 234 EG vorgesehene Vorabentscheidungsverfahren ein Instrument der Zusammenarbeit zwischen dem Gerichtshof und den nationalen Gerichten, mit dem der Gerichtshof diesen die Hinweise zur Auslegung des Gemeinschaftsrecht gibt, die sie zur Entscheidung der bei ihnen anhängigen Rechtsstreitigkeiten benötigen. Die Rechtfertigung des Vorabentscheidungsersuchens liegt nicht in der Abgabe von Gutachten zu allgemeinen oder hypothetischen Fragen, sondern darin, dass das Ersuchen für die tatsächliche Entscheidung eines Rechtsstreits erforderlich ist.
Im Ausgangsverfahren wurde, nachdem das spanische Gericht dem Gerichtshof sein Vorabentscheidungsersuchen vorgelegt hatte, die von Frau García Blanco beantragte Rente aus dem spanischen System der sozialen Sicherheit Frau García Blanco ab dem Zeitpunkt bewilligt, zu dem ihr ein Anspruch auf eine Altersrente zugebilligt worden war. Ferner steht fest, dass die Tochter von Frau García Blanco als Hinterbliebene auf diese gesetzliche Rente verzichtet hat, um eine Unterstützung für Familienangehörige beziehen zu können.
Demnach sind die Ansprüche der Klägerin des Ausgangsverfahrens insgesamt befriedigt worden.
Infolgedessen wäre eine Antwort des Europäischen Gerichtshofes auf die von dem spanischen Gericht vorgelegten Fragen für dieses von keinerlei Nutzen.

Das Urteil:

Das Vorabentscheidungsersuchen in der Rechtssache C-225/02 braucht nicht beantwortet zu werden.

Originaltext des Urteils:

Urteil des Europäischen Gerichtshofes in der Rechtssache C-225/02: García Blanco