Familienleistungen bei Arbeitslosigkeit

Wohnorterfordernis für Leistungsgewährung zulässig
(C-275/96 vom 11.06.1998, Kuusijärvi)

Der Fall:

Die finnische Staatsangehörige Anne Kuusijärvi arbeitete bis zum 10. Februar 1993 elf Monate lang in Schweden. Im Anschluss daran bezog sie bis zum 1. Februar 1994, dem Tag ihrer Niederkunft, Arbeitslosenunterstützung. Danach erhielt sie nach dem schwedischen Recht Kindergeld und Erziehungsgeld. Dabei handelt es sich um Leistungen, die anlässlich der Geburt eines Kindes gewährt werden. Am 24. Mai 1994 teilte Frau Kuusijärvi der für sie zuständigen Versicherungskasse ihre Absicht mit, nach Finnland umzuziehen, und fragte, ob sie nach ihrem Umzug weiterhin Erziehungsgeld erhalte. Sie zog am 1. Juli 1994 nach Finnland um, übte dort aber eine Berufstätigkeit aus. Ihr Antrag auf Weitergewährung des Erziehungsgeldes nach ihrem Umzug wurde mit der Begründung abgelehnt, dass ihr Anspruch erloschen sei, da sie nach ihrem Umzug nach Finnland die Voraussetzung, dass sie in Schweden wohne, nicht mehr erfülle, so dass die schwedischen Rechtsvorschriften nicht mehr auf Frau Kuusijärvi anwendbar seien.

Laut Europäischem Gerichtshof steht es einem Mitgliedstaat frei, Voraussetzungen bezüglich eines inländischen Wohnsitzes aufzustellen, damit eine Person, die in diesem Staat nicht mehr arbeitet, hinsichtlich der Geldleistungen bei Mutterschaft weiter unter die Rechtsvorschriften dieses Staates fällt.

Das Urteil:

1. Die Verordnung (EWG) Nr. 1408/71 des Rates vom 14. Juni 1971 zur Anwendung der Systeme der sozialen Sicherheit auf Arbeitnehmer und Selbständige sowie deren Familienangehörige, die innerhalb der Gemeinschaft zu- und abwandern, in ihrer durch die Verordnung (EWG) Nr. 2001/83 des Rates vom 2. Juni 1983 geänderten und aktualisierten Fassung ist auf eine Person anwendbar, die zunächst in einem Mitgliedstaat erwerbstätig war und sich später bei Inkrafttreten der genannten Verordnung in diesem Staat als Arbeitslose dort aufhielt und daher nach dem System der sozialen Sicherheit dieses Staates Leistungen bei Arbeitslosigkeit bezog.

2. Der durch die Verordnung (EWG) Nr. 2195/91 des Rates vom 25. Juni 1991 in die Verordnung Nr. 1408/71 eingefügte Artikel 13 Absatz 2 Buchstabe f steht Rechtsvorschriften eines Mitgliedstaats nicht entgegen, nach denen eine Person, die jede Berufstätigkeit im Gebiet dieses Staates aufgegeben hat, nur dann weiterhin unter die Rechtsvorschriften dieses Mitgliedstaats fallen kann, wenn sie auch ferner dort wohnt.

3. Die Verordnung Nr. 1408/71 steht Rechtsvorschriften eines Mitgliedstaats nicht entgegen, nach denen eine Person, die jede Berufstätigkeit im Gebiet dieses Staates aufgegeben hat, den Anspruch auf die weitere Gewährung von nach diesen Rechtsvorschriften gewährten Familienleistungen verliert, wenn
sie in einen anderen Mitgliedstaat umgezogen ist, in dem sie mit ihren Familienangehörigen wohnt.

Originaltext des Urteils:

Urteil des Europäischen Gerichtshofes in der Rechtssache C-275/96: Kuusjärvi