Anspruch auf Lohnsteuererstattung

Wohnsitzvoraussetzung ist unzulässig
(C-175/88 vom 08.05.1990, Biehl)

Der Fall:

Der deutsche Staatsangehörige Klaus Biehl wohnte und arbeitete vom 15. November 1973 bis zum 31. Oktober 1983 im Großherzogtum Luxemburg. Danach verlegte er seinen Wohnsitz in die Bundesrepublik Deutschland und ging dort einer Erwerbstätigkeit nach.
Für die Zeit vom 1. Januar 1983 bis 31. Oktober 1983 behielt der luxemburgische Arbeitgeber von Herrn Biehl von dessen Gehalt Einkommensteuer ein. Bei der endgültigen Festsetzung der Steuer für das Steuerjahr 1983 stellte sich heraus, dass der Betrag der vom luxemburgischen Arbeitgeber einbehaltenen Steuern den Gesamtbetrag der von Herrn Biehl geschuldeten Steuern überstieg.
Herr Biehl beantragte bei der Steuerverwaltung des Großherzogtums Luxemburg die Erstattung der zuviel einbehaltenen Einkommensteuern. Dieser Antrag wurde abgelehnt, da nach dem luxemburgischen Steuerrecht die einbehaltenen Steuern auf Löhne und Gehälter zu Lasten eines Arbeitnehmers aus einem Mitgliedstaat, der nur während eines Teils des Jahres gebietsansässiger Steuerpflichtiger sei, weil er im Laufe des Steuerjahres das Land verlasse, der Staatskasse verfalle und nicht erstattet werden könne.

Laut Europäischem Gerichtshof birgt das Kriterium der ständigen Ansässigkeit im Inland für eine mögliche Erstattung zuviel einbehaltener Steuern, obwohl es unabhängig von der Staatsangehörigkeit des betroffenen Steuerpflichtigen angewandt wird, die Gefahr, dass es sich besonders zum Nachteil der Steuerpflichtigen auswirkt, die Angehörige anderer Mitgliedstaaten sind. Oft sind sie es nämlich, die das Land im Laufe des Jahres verlassen.
Die gemeinschaftsrechtlichen Vorschriften über die Gleichbehandlung verbieten nicht nur offensichtliche Diskriminierungen aufgrund der Staatsangehörigkeit, sondern auch alle versteckten Formen der Diskriminierung, die durch die Anwendung anderer Unterscheidungsmerkmale tatsächlich zu dem gleichen Ergebnis führen.

Das Urteil:

Artikel 48 Absatz 2 EWG-Vertrag1 verbietet es, dass nach dem Steuerrecht eines Mitgliedstaats die einbehaltenen Steuern auf die Löhne und Gehälter zu Lasten eines Arbeitnehmers aus einem Mitgliedstaat, der nur während eines Teils des Jahres gebietsansässiger Steuerpflichtiger ist, weil er sich im Laufe des Steuerjahres im Lande niederlässt oder das Land verlässt, der Staatskasse verfallen und nicht erstattet werden können.
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1 Jetzt Artikel 39 Absatz 2 EG.