Fortbestehen des Leistungsanspruchs eines Arbeitslosen, der sich in andere Mitgliedstaaten begibt

Der Arbeitslose muss der Arbeitsverwaltung des zuständigen Staates nicht ununterbrochen zur Verfügung gestanden haben
(C-215/00 vom 21.02.2002, Rydergård)

Der Fall:

Frau Petra Rydergård war seit dem 25. September 1998 bei der schwedischen Arbeitsverwaltung arbeitslos gemeldet und bezog Arbeitslosengeld. Sie beantragte die Erteilung einer Bescheinigung, die es ihr ermöglichen sollte, sich zur Arbeitssuche in einen anderen Mitgliedstaat zu begeben und weiter schwedische Leistungen bei Arbeitslosigkeit zu beziehen. Zur Begründung ihres Antrags gab Frau Rydergård an, dass sie beabsichtige, sich am 27. Oktober 1998 nach Frankreich zu begeben, um dort Arbeit zu suchen.
Die Erteilung einer Bescheinigung, wie die von Frau Rydergård begehrte, setzt nach europäischem Recht voraus, dass der Arbeitslose vor seiner Abreise während mindestens vier Wochen nach Beginn der Arbeitslosigkeit bei der Arbeitsverwaltung des zuständigen Staates als Arbeitsuchender gemeldet gewesen ist und dieser zur Verfügung gestanden hat.
Die für die Ausstellung der Bescheinigung zuständige schwedische Behörde stellte fest, dass Frau Rydergård vom 28. bis zum 30. September und am 12. und 13. Oktober 1998, d.h. für insgesamt fünf Tage während der Zeit, in der sie arbeitslos gemeldet war, vorläufiges Elterngeld für die Betreuung ihres kranken Kindes bezogen hatte. Sie lehnte deshalb Frau Rydergårds Antrag auf Erteilung der fraglichen Bescheinigung mit der Begründung ab, diese habe der schwedischen Arbeitsverwaltung nicht während eines ununterbrochenen Zeitraums von vier Wochen unmittelbar vor ihrer geplanten Abreise zur Verfügung gestanden.

Laut Europäischem Gerichtshof ist die Frage, ob eine Person der Arbeitsverwaltung des zuständigen Staates zur Verfügung gestanden hat, nach den einschlägigen Vorschriften dieses Staates zu beurteilen. Im vorliegenden Fall ist insbesondere zu prüfen, ob der Verlust des Anspruchs auf Arbeitslosengeld während der Dauer des Bezugs des vorläufigen Elterngeldes es nach schwedischem Recht ausschließt, dass der betroffene Arbeitnehmer während dieser Zeit als der Arbeitsverwaltung des zuständigen Staates zur Verfügung stehende anzusehen ist.
Jedoch darf für die Erteilung der fraglichen Bescheinigung nicht ein ununterbrochenes zur Verfügung stehen vorausgesetzt werden. Ausreichend ist vielmehr, dass der Arbeitssuchende nach Beginn der Arbeitslosigkeit der Arbeitsverwaltung des zuständigen Staates während eines Gesamtzeitraums von mindestens vier Wochen zur Verfügung gestanden hat. Dies genügt, um es den Behörden eines Mitgliedstaats zu ermöglichen, sich zu vergewissern, ob ein Arbeitnehmer wirklich arbeitslos ist, und ihm eine Arbeit anzubieten, bevor er auf Kosten dieses Staates auf Arbeitsuche in einen anderen Mitgliedstaat reist.

Das Urteil:

1. Die Frage, wann angenommen werden kann, dass eine Person im Sinne des Artikels 69 Absatz 1 Buchstabe a der Verordnung (EWG) Nr. 1408/71 des Rates vom 14. Juni 1971 zur Anwendung der Systeme der sozialen Sicherheit auf Arbeitnehmer und Selbständige sowie deren Familienangehörige, die innerhalb der Gemeinschaft zu- und abwandern, in der durch die Verordnung (EG) Nr. 118/97 des Rates vom 2. Dezember 1996 geänderten und aktualisierten Fassung der Arbeitsverwaltung des zuständigen Staates zur Verfügung gestanden hat, ist nach dem internen Recht dieses Staates zu beurteilen.

2. Ein Arbeitsuchender kann die in Artikel 69 Absatz 1 Buchstabe a der Verordnung Nr. 1408/71 in der durch die Verordnung Nr. 118/97 geänderten und aktualisierten Fassung vorgesehenen Leistungen bei Arbeitslosigkeit nur dann weiter beziehen, wenn er der Arbeitsverwaltung des zuständigen Staates während eines Gesamtzeitraums von mindestens vier Wochen nach Beginn der Arbeitslosigkeit zur Verfügung gestanden hat. Eine Unterbrechung dieses Zeitraums ist unerheblich.

Originaltext des Urteils:

Urteil des Europäischen Gerichtshofes in der Rechtssache C-215/00: Rydergård