Auswahlverfahren für die Einstellung von Lehrpersonal an öffentlichen Schulen

In anderen Mitgliedstaaten erworbene Berufserfahrung muss in gleicher Weise berücksichtigt werden wie inländische Erfahrung
(C-278/03 vom 12.05.2005, Kommission/Italien)

Der Fall:

Im Juni 2003 erhob die Kommission der Europäischen Gemeinschaften Klage gegen die Italienische Republik, weil die von Gemeinschaftsbürgern im öffentlichen Dienst eines anderen Mitgliedstaats erworbene Berufserfahrung für deren Teilnahme an den Auswahlverfahren für die Einstellung von Lehrpersonal an italienischen öffentlichen Schulen nicht berücksichtigt wurde.
Die italienische Regierung rechtfertigte diese Praxis u.a. damit, dass dem im Ausland erteilten Unterricht Texte, Programme und Inhalte zugrunde lägen, die sich von den in Italien vorgesehenen unterschieden.

Wenn eine öffentliche Einrichtung eines Mitgliedstaats bei der Einstellung von Personal für Stellen, die - wie im vorliegenden Fall - nicht in den Anwendungsbereich von Artikel 39 Absatz 4 EG fallen, die Berücksichtigung der früheren Berufstätigkeiten der Bewerber in der öffentlichen Verwaltung vorsieht, darf diese Einrichtung laut Europäischem Gerichtshof nicht danach unterscheiden, ob diese Tätigkeiten im öffentlichen Dienst dieses oder in dem eines anderen Mitgliedstaats ausgeübt wurden. Die umfassende Weigerung, die aufgrund der in anderen Mitgliedstaaten ausgeübten Unterrichtstätigkeiten erworbene Berufserfahrung zu berücksichtigen, die mit dem Bestehen von Unterschieden in den Unterrichtsprogrammen dieser Staaten begründet wird, kann nicht gerechtfertigt werden. Es lässt sich nämlich nicht bestreiten, dass eine spezifische Berufserfahrung wie die von der italienischen Regierung verlangte, insbesondere im Bereich der Kunsterziehung oder im Unterricht für Behinderte, auch in anderen Mitgliedstaaten erworben werden kann.

Das Urteil:

Die Italienische Republik hat dadurch gegen ihre Verpflichtungen aus Artikel 39 EG und Artikel 3 Absatz 1 der Verordnung (EWG) Nr. 1612/68 des Rates vom 15. Oktober 1968 über die Freizügigkeit der Arbeitnehmer innerhalb der Gemeinschaft verstoßen, dass sie für die Teilnahme von Gemeinschaftsbürgern an den Auswahlverfahren für das Lehrpersonal an italienischen öffentlichen Schulen die von diesen Bürgern bei Unterrichtstätigkeiten erworbene Berufserfahrung je nachdem, ob diese Tätigkeiten in Italien oder in anderen Mitgliedstaten ausgeübt wurden, nicht oder zumindest nicht in gleicher Weise berücksichtigt.

Originaltext des Urteils:

Urteil des Europäischen Gerichtshofes in der Rechtssache C-278/03: Kommission/Italien