Zugang von Fremdsprachenlektoren zu Lehraufträgen und Vertretungen an Hochschulen

Die Situation von Fremdsprachenlektoren ist nicht mit der von bestätigten wissenschaftlichen Mitarbeitern vergleichbar
(C-90/96 vom 20.11.1997, Petrie)

Der Fall:

Die britischen Staatsangehörigen Petrie, Hill und Newbold waren seit mehreren Jahren bei der Fakultät für Fremdsprachen und fremdsprachige Literatur der Universität von Verona (Italien) als Fremdsprachenlektoren beschäftigt. Sie hatten unbefristete Verträge und ihre Bezüge entsprachen denen eines Assistenzprofessors mit beschränkter Arbeitszeit. Ihre Bewerbungen um die vertretungsweise Abhaltung der Lehrveranstaltung "Neusprachliche Didaktik" für das akademische Jahr 1995/96 wurden unter Berufung auf italienisches Recht abgelehnt, wonach Lehraufträge und Vertretungen nur an beamtete Professoren und bestätigte wissenschaftliche Mitarbeiter vergeben werden könnten. Die drei britischen Fremdsprachenlektoren fühlten sich hierdurch diskriminiert und machten u. a. geltend, dass ihre Lehrtätigkeit im Wesentlichen derjenigen der Assistenzprofessoren und der wissenschaftlichen Mitarbeiter an Hochschulen entspräche.

Laut Europäischem Gerichtshof befinden sich Fremdsprachenlektoren nicht in einer Situation, die mit derjenigen der Assistenzprofessoren und der bestätigten wissenschaftlichen Mitarbeiter vergleichbar ist. Denn im Gegensatz zu den Fremdsprachenlektoren erhalten Professoren und bestätigte wissenschaftliche Mitarbeiter ihre Lehrbefugnis durch öffentliche Auswahlverfahren. Zudem müssen die wissenschaftlichen und didaktischen Fähigkeiten der wissenschaftlichen Mitarbeiter nach dreijährigen Tätigkeit von einer nationalen Kommission anerkannt werden. Eine Diskriminierung der Fremdsprachenlektoren wäre aber dann gegeben, wenn andere Berufsgruppen, die auch nicht an einem öffentlichen Auswahlverfahren teilgenommen hätten und deren didaktische und wissenschaftliche Fähigkeiten auch nicht einer besonderen Beurteilung unterlägen, trotzdem die Möglichkeit zur vertretungsweisen Abhaltung akademischer Lehrveranstaltungen hätten.

Das Urteil:

Die Artikel 51 und 48 Absatz 22 EG-Vertrag stehen einer Regelung nicht entgegen, nach der nur beamtete Professoren und bestätigte wissenschaftliche Mitarbeiter, nicht aber Fremdsprachenlektoren mit der vertretungsweisen Abhaltung von akademischen Lehrveranstaltungen betraut werden können, es sei denn, andere Berufsgruppen, die Zugang zur Hochschullehre auf anderem Wege als durch öffentliche Auswahlverfahren erhalten und deren didaktische und wissenschaftliche Fähigkeiten nicht einer ähnlichen Beurteilung unterliegen, wie sie für wissenschaftliche Mitarbeiter vorgeschrieben ist, hätten Zugang zu solchen Vertretungen, während Fremdsprachenlektoren, die nach dem nationalen Recht dieselbe Rechtsstellung besitzen und gleichwertige Tätigkeiten ausüben, davon ausgeschlossen wären.
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1 Jetzt Artikel 10 EG.
2 Jetzt Artikel 39 Absatz 2 EG.

Originaltext des Urteils:

Urteil des Europäischen Gerichtshofes in der Rechtssache C-90/96: Petrie