Studiengebühr als Voraussetzung für die Teilnahme an einer Berufsbildungsveranstaltung

Unzulässig, wenn die Entrichtung von der Staatsangehörigkeit abhängig gemacht wird
(C - 152/82 vom 13.07.1982, Forcheri)

Der Fall:

Frau Forcheri, die italienische Ehefrau eines in Brüssel eingesetzten Beamten der Kommission, der ebenfalls die italienische Staatsangehörigkeit besitzt, sollte zu Beginn ihrer Studienzeit in Belgien 1979 eine zusätzliche Studiengebühr, die sogenannte Studiengebühr für "ausländische Studenten" zahlen. Dies, obwohl für den Bereich der nichtuniversitären Hochschulbildung - zu dem das Institut gehört, bei dem sich Frau Forcheri eingeschrieben hatte - unter anderem solche ausländischen Studenten von der Entrichtung der Gebühr ausgenommen waren, deren in Belgien wohnhafter Ehegatte dort eine bezahlte Tätigkeit ausübte und seine Steuern an die belgische Staatskasse abführte.
Denn - so die Erläuterung des belgischen Erziehungsministerium - gemäß dem "Protokoll über die Vorrechte und Befreiungen der Europäischen Gemeinschaften" seien Beamte von innerstaatlichen Steuern auf die von den Gemeinschaften gezahlten Gehälter befreit.

Laut Europäischem Gerichtshof liegt ein Verstoß gegen das gemeinschaftsrechtliche Diskriminierungsverbot vor, wenn ein Mitgliedstaat die Entrichtung einer Studiengebühr für Bildungsveranstaltungen, von der Staatsangehörigkeit der Teilnehmer abhängig macht. Zudem wies der Gerichtshof daraufhin, dass Beamte, wie Herr Forcheri, zwar von der innerstaatlichen Besteuerung ihres Gehalts befreit seien, jedoch von ihrem Gehalt eine Steuer zugunsten der Gemeinschaft entrichten müssten, die dem Aufnahmemitgliedstaat in seiner Eigenschaft als Mitglied der Gemeinschaften mittelbar zugute komme. Deshalb liege kein triftiger Grund dafür vor, den Fall des Beamten und seiner Familie anders als den des Wanderarbeitnehmers zu behandeln, dessen Einkünfte der Besteuerung durch den Wohnsitzstaat unterliegen.

Das Urteil:

Führt ein Mitgliedstaat Bildungsveranstaltungen durch, die insbesondere der Berufsbildung dienen, so stellt es eine nach Artikel 7 EWG-Vertrag1 verbotene Diskriminierung aus Gründen der Staatsangehörigkeit dar, wenn er bei einem in diesem Staat rechtmäßig wohnhaften Staatsangehörigen eines anderen Mitgliedstaats die Teilnahme an solchen Bildungsveranstaltungen von der Entrichtung einer Studiengebühr abhängig macht, die von seinen eigenen Staatsangehörigen nicht verlangt wird.
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1 Jetzt Artikel 12 EG.

Originaltext des Urteils:

Urteil des Europäischen Gerichtshofes in der Rechtssache C-152/82:
Sandro Forcheri und Marisa Marino / Belgischer Staat und A.S.B.L. Institut Supérieur des Sciences Humaines Appliquées - Ecole Ouvrière Supérieure