Kenntnisse der Nationalsprache als Einstellungsvoraussetzung

Zulässig, wenn dies Teil einer Politik zur Förderung der nationalen Identität und Kultur ist
(C - 379/87 vom 28.11.1989, Groener)

Der Fall:

1982 wurde die niederländische Staatsangehörige Anita Groener vorübergehend als Teilzeitkunstdozentin an einem College für berufliche Bildung in Dublin (Irland) angestellt. 1984 bewarb sie sich dort um eine Vollzeitstelle. Einstellungsvoraussetzung war sowohl für irische als auch für sonstige Staatsangehörige der Besitz eines Irischzeugnisses bzw. die Ablegung einer mündlichen Sonderprüfung in Irisch. Dies, obwohl der Unterricht im betreffenden Fach auf Englisch erfolgte. Frau Groener fiel bei der Irischprüfung durch. Eine Befreiung vom Nachweis der Irischkenntnisse wurde ihr nicht gewährt, da sich andere voll qualifizierte Personen auf die fragliche Stelle beworben hatten.

Laut Europäischem Gerichtshof ist für die Frage nach der Erforderlichkeit der geforderten Sprachkenntnisse die sprachliche Sonderstellung Irlands zu beachten. Das Irische ist nach der Verfassung als Nationalsprache die erste Amtssprache. Englisch ist die zweite Amtssprache. Obwohl Irisch nicht von der gesamten irischen Bevölkerung gesprochen wird, war es gleichwohl seit vielen Jahren Politik der irischen Regierung, die Verwendung des Irischen als ein Mittel des Ausdrucks der nationalen Identität und Kultur nicht nur zu wahren, sondern auch zu fördern. Einer solchen Politik steht das Gemeinschaftsrecht dem Europäischen Gerichtshof zufolge nicht entgegen, wenn die Freizügigkeit der Arbeitnehmer nicht beeinträchtigt wird. Da dem Unterricht bei der Durchführung der Politik erhebliche Bedeutung zukomme, und die Dozenten im Unterricht und täglichen Leben der Schule sowie der Schüler eine wesentliche Rolle einnähmen, sei es nicht unvernünftig, von ihnen gewisse Irischkenntnisse zu verlangen.

Das Urteil:

Die Vollzeitdauerplanstelle eines Dozenten an einer öffentlichen Berufsbildungseinrichtung ist eine Stelle, deren Besonderheit es im Sinne von Artikel 3 Absatz 1 Unterabsatz 2 der Verordnung Nr. 1612/68 des Rates rechtfertigt, Sprachkenntnisse zu verlangen, sofern dieses Verlangen Teil einer Politik zur Förderung der National - und ersten Amtssprache ist und verhältnismäßig und ohne Diskriminierung durchgeführt wird .  

Originaltext des Urteils:

Urteil des Europäischen Gerichtshofes in der Rechtssache C-379/87:
Anita Groener / Minister for Education und City of Dublin Vocational Educational Committee