Reisefreiheit für Russen ohne Aufenthaltsgenehmigung im Schengenland

Ein Schengen-Visum ist ausreichend

Mein Freund ist Russe und lebt in Moskau. Er plant eine berufliche Reise nach Frankreich und möchte mich bei dieser Gelegenheit in Deutschland besuchen. In der französischen Botschaft versuchte man, ihm das auszureden: Nach einer Ausreise könne er - trotz Visum - eventuell nicht wieder nach Frankreich einreisen. Widerspricht das nicht dem Schengener Abkommen?

Ja, wenn Ihr Freund trotz eines gültigen Schengen-Visums nach einem Besuch in Deutschland nicht wieder nach Frankreich einreisen dürfte, widerspräche das dem Schengen-Abkommen. Wenn Ihr Freund das Visum bei der franzöischen Botschaft oder dem französischen Konsulat in Russland beantragt und erhalten hat, kann er Sie damit auch in Deutschland besuchen. Es darf an der Grenze keine Probleme geben mit dem gültigen Visum auch wieder nach Frankreich zurückzukehren.

Der Schengen-Raum ist ein Gebiet, das sich über die alten EU-Staaten außer Großbritannien und Irland erstreckt, dafür aber Norwegen und Island umfasst. Seit dem 21. Dezember 2007 hat der Schengen-Raum 24 Mitglieder, Polen, Tschechien, Slowenien, die Slowakei, Ungarn, Estland, Lettland, Litauen und Malta sind beigetreten. In diesem Raum werden die Innengrenzen nicht mehr kontrolliert, Drittstaatler brauchen für das Gebiet nur ein einziges Visum. Dieses Visum wird von einem Schengen-Staat ausgestellt und ist dann für die Einreise und den kurzfristigen Aufenthalt in allen Vertragsstaaten gültig. Diese Visa sind in der Regel drei Monate gültig.

Statt wie früher für jedes Land einzeln ein Visum zu beantragen, muss Ihr Freund nur noch zu einer einzigen Botschaft gehen. Das "Schengen-Visum" muss von der Botschaft oder einem Konsulat des Landes ausgestellt werden, in dem der Hauptgrund der Reise liegt oder über das er einreist. Das bedeutet, dass Ihr Freund bei der französischen Botschaft oder dem französischen Konsulat in Russland sein Visum für den Schengen-Aufenthalt beantragt. Diese können ihm das Visum natürlich verweigern, zum Beispiel, wenn Sie annehmen, dass Ihr Freund nicht die Absicht hat nach Russland zurückzukehren.

Durch die Regelungen des Schengener Durchführungsübereinkommens berechtigt dieses Visa auch zu Aufenthalten in: Belgien, Dänemark, Finnland, Frankreich, Griechenland, Island, Italien, Luxemburg, den Niederlanden, Österreich, Portugal, Schweden, Spanien und 2004 beigetretenen Mitgliedsstaaten, mit Ausnahme von Zypern. Das bedeutet ihr Freund muss kein neues Visum für seinen Besuch in Deutschland beantragen.

Der Beamte hätte Ihren Freund über die Möglichkeiten des "Schengen-Visums" informieren müssen. Gegen solche unbegründeten Abschreckungsversuche hilft in der Regel der Hinweis auf die Rechtslage: Ihr Freund sollte auf der Ausstellung eines Visums bestehen, das in allen Schengen-Staaten gilt. Das ist der Fall, wenn sein Visum den Vermerk "gültig: Schengen-Staaten" trägt. Nur in Ausnahmefällen kann das Visum auf einzelne Schengen-Staaten begrenzt werden.

Trotz Schengener Reisefreiheit müssen in Frankreich Ausländer aus Drittstaaten, die nicht in einem Schengen-Staat wohnen, bei jeder Einreise eine "Déclaration d‘Entrée sur le Territoire" (DET) abgeben - direkt am Flughafen, am Bahnhof oder bei der ersten Polizei- oder Gendarmerie-Station in Frankreich. Dies ist kein Verstoß gegen das Schengener Abkommen und eigentlich reine Formsache: Wer ein gültiges Visum hat, kann an der Grenze nicht zurückgeschickt werden.

Aufpassen muss Ihr Freund dagegen bei Reisen in die EU-Staaten, die das Schengener Durchführungsabkommen nicht unterzeichnet haben: Fährt er für ein Wochenende nach Großbritannien, Irland, Zypern, Bulgarien oder Rumänien, so könnte ihm die Rückreise nach Frankreich unter Umständen untersagt werden. Wenn er solche Reisen plant, muss er dies unbedingt bei der Beantragung des Schengen-Visums angeben. Auf dem Visum wird nämlich vermerkt, wie oft er in das Schengener Gebiet ein- und ausreisen darf.

Weitere Informationen:

Informationen zum Schengenvisum

Informationen des Auswärtigen Amtes zu Schengen

Rechtstexte:

Schengenbesitzstand im Jahr 2000

Änderungen an diesem Übereinkommen auf europäischer Ebene:

Verordnung (EG) Nr. 1091/2001 des Rates vom 28. Mai 2001 über den freien Personenverkehr mit einem Visum für den längerfristigen Aufenthalt

Beschluss 2003/725/JI DES RATES vom 2. Oktober 2003 zur Änderung von Artikel 40 Absätze 1 und 7 des Übereinkommens zur Durchführung des Schengener Übereinkommens vom 14. Juni 1985 betreffend den schrittweisen Abbau der Kontrollen an den gemeinsamen Grenzen

Verordnung (EG) Nr. 2133/2004 des Rates vom 13. Dezember 2004 zur Verpflichtung der zuständigen Behörden der Mitgliedstaaten zum systematischen Abstempeln der Reisedokumente von Drittausländern beim Überschreiten der Außengrenzen der Mitgliedstaaten und zur diesbezüglichen Änderung der Bestimmungen des Schengener Durchführungsübereinkommens und des Gemeinsamen Handbuchs.

Beschluss 2005/211/JI des Rates vom 24. Februar 2005 über die Einführung neuer Funktionen für das Schengener Informationssystem, auch im Hinblick auf die Terrorismusbekämpfung.