Kostenübernahme von Krankenhausbehandlungen in anderem Mitgliedstaat

Wartezeiten allein begründen keine Ablehnung
(C - 372/04 vom 16.05.2006, Watts)

Der Fall:

Die brititschen Staatsangehörige Yvonne Watts, die an Hüftarthritis litt, beantragte beim zuständigen britischen Träger das Formular E 112, um eine Operation im Ausland durchführen zu lassen. Bei einer Untersuchung stufte man sie als Routinefall ein, was in Großbritannien eine Wartezeit von 12 Monaten bedeutet. Frau Watts Antrag wurde abgelent, weil sie innerhalb dieses Zeitraums am Wohnort behandelt werden könne. Aufgrund einer Verschlechterung ihres Zustandes wurde Frau Watts erneut untersucht. Obwohl sich ihre Wartezeit auf drei bis vier Monate verkürzte, wurde ihr die Austellung des Formulars 112 weiter verweigert. Die Genehmigung darf laut dem Europäischen Gerichtshofs jedoch nur unter der Bedingung verweigert werden, dass der zuständige Träger nachweist, dass dem Kranken diese Wartezeit tatsächlich zugemutet werden kann. Dabei müssen sein gegenwärtiger Gesundheitszustand und die voraussichtiliche Entwicklung berücksichtigt werden.

Nach der Ablehnung ihres Antrags ließ Frau Watt die Operation auf eigene Kosten in Frankreich durchführen. Was die Übernahme der Kosten durch den zuständigen britischen Träger betriftt, so ist dieser nach Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs nur dazu verpflichtet, die Kosten in soweit zu tragen, wie diese im nationalen Gesundheitssystem auch übernommen worden wären.

Das Urteil:

Artikel 22 Absatz 2 Unterabsatz 2 der Verordnung (EWG) Nr. 1408/71 des Rates vom 14. Juni 1971 zur Anwendung der Systeme der sozialen Sicherheit auf Arbeitnehmer und Selbständige sowie deren Familienangehörige, die innerhalb der Gemeinschaft zu- und abwandern, in der durch die Verordnung (EG) Nr. 118/97 des Rates vom 2. Dezember 1996 geänderten und aktualisierten Fassung ist dahin auszulegen, dass der zuständige Träger die in Absatz 1 Buchstabe c Ziffer i dieses Artikels genannte Genehmigung nur dann unter Berufung auf das Bestehen einer Wartezeit für eine Krankenhausbehandlung versagen darf, wenn er nachweist, dass dieser Zeitraum nicht den vertretbaren zeitlichen Rahmen überschreitet, der sich aus einer objektiven medizinischen Beurteilung des klinischen Bedarfs des Betroffenen unter Berücksichtigung sämtlicher Parameter ergibt, die seinen Gesundheitszustand zu dem Zeitpunkt kennzeichnen, zu dem der Antrag auf Genehmigung gestellt oder gegebenenfalls erneuert wird.

Artikel 49 EG ist auf einen Fall anwendbar, in dem sich eine Person, deren Gesundheitszustand eine Krankenhausbehandlung erforderlich macht, in einen anderen Mitgliedstaat begibt und dort gegen Entgelt eine derartige Behandlung erhält, ohne dass zu prüfen wäre, ob die Leistungen der Krankenhausversorgung, die im Rahmen des nationalen Systems erbracht werden, auf dessen Leistungen diese Person Anspruch hat, selbst Dienstleistungen im Sinne der Bestimmungen über den freien Dienstleistungsverkehr darstellen

Artikel 49 EG ist dahin auszulegen, dass er dem nicht entgegensteht, dass die Übernahme der Kosten einer beabsichtigten Krankenhausbehandlung in einer Einrichtung in einem anderen Mitgliedstaat von der Erlangung einer vorherigen Genehmigung durch den zuständigen Träger abhängig gemacht wird.

Die Versagung einer vorherigen Genehmigung darf nicht auf die bloße Existenz von Wartelisten gestützt werden, die dazu dienen, das Krankenhausangebot nach Maßgabe von vorab allgemein festgelegten klinischen Prioritäten zu planen und zu verwalten, ohne dass eine objektive medizinische Beurteilung des Gesundheitszustands des Patienten, seiner Vorgeschichte, der voraussichtlichen Entwicklung seiner Krankheit, des Ausmaßes seiner Schmerzen und/oder der Art seiner Behinderung zum Zeitpunkt der erstmaligen oder erneuten Beantragung der Genehmigung erfolgt ist.

Wenn sich herausstellt, dass der Zeitraum, der sich aus derartigen Wartelisten ergibt, den zeitlichen Rahmen überschreitet, der unter Berücksichtigung einer objektiven medizinischen Beurteilung der vorstehend genannten Umstände vertretbar ist, kann der zuständige Träger die beantragte Genehmigung nicht unter Berufung auf die Existenz dieser Wartelisten, auf eine angebliche Beeinträchtigung der üblichen Prioritätenfolge nach Maßgabe der jeweiligen Dringlichkeit der zu behandelnden Fälle, auf die Kostenfreiheit der im Rahmen des fraglichen nationalen Systems erbrachten Krankenhausbehandlungen, auf die Verpflichtung, für die Übernahme der Kosten einer in einem anderen Mitgliedstaat beabsichtigten Behandlung besondere finanzielle Mittel vorzusehen, und/oder auf einen Vergleich der Kosten dieser Behandlung und der Kosten einer gleichwertigen Behandlung im zuständigen Mitgliedstaat versagen.

Artikel 49 EG ist dahin auszulegen, dass, wenn die Rechtsvorschriften des zuständigen Mitgliedstaats die Kostenfreiheit der im Rahmen eines nationalen Gesundheitsdienstes erbrachten Krankenhausbehandlungen vorsehen und die Rechtsvorschriften des Mitgliedstaats, für dessen Gebiet einem Patienten, der Anspruch auf Leistungen dieses Dienstes hat, eine Krankenhausbehandlung auf Kosten dieses Dienstes genehmigt wurde oder hätte genehmigt werden müssen, keine vollständige Übernahme der Kosten der Behandlung vorsehen, diesem Patienten vom zuständigen Träger eine Erstattung zu gewähren ist, die der etwaigen Differenz zwischen dem Betrag der objektiv bezifferten Kosten einer gleichwertigen Behandlung in einer Einrichtung des fraglichen Dienstes, gegebenenfalls nach oben begrenzt durch den für die Behandlung im Aufenthaltsmitgliedstaat in Rechnung gestellten Gesamtbetrag, und dem Betrag entspricht, mit dem sich gemäß Artikel 22 Absatz 1 Buchstabe c Ziffer i der Verordnung Nr. 1408/71 in der durch die Verordnung Nr. 118/97 geänderten und aktualisierten Fassung der Träger des letztgenannten Mitgliedstaats nach den Rechtsvorschriften dieses Mitgliedstaats für Rechnung des zuständigen Trägers beteiligen muss.

Artikel 22 Absatz 1 Buchstabe c Ziffer i der Verordnung Nr. 1408/71 in der durch die Verordnung Nr. 118/97 geänderten und aktualisierten Fassung ist dahin auszulegen, dass sich der Anspruch, den er dem betroffenen Patienten gewährt, ausschließlich auf die Kosten bezieht, die mit der Gesundheitsversorgung verbunden sind, die der Patient im Aufenthaltsmitgliedstaat erhalten hat, d. h., soweit es um eine Krankenhausbehandlung geht, auf die Kosten der eigentlichen medizinischen Leistungen und die damit untrennbar verbundenen Ausgaben für den Aufenthalt des Betroffenen im Krankenhaus.

Artikel 49 EG ist dahin auszulegen, dass ein Patient, dem genehmigt wurde, sich in einen anderen Mitgliedstaat zu begeben, um sich dort in einem Krankenhaus behandeln zu lassen, oder dem die Genehmigung mit einem sich später als unbegründet erweisenden Bescheid versagt wurde, nur insoweit berechtigt ist, vom zuständigen Träger die Übernahme der Nebenkosten dieser zu medizinischen Zwecken erfolgten Auslandsreise zu verlangen, als die Rechtsvorschriften des zuständigen Mitgliedstaats dem nationalen System eine entsprechende Übernahmepflicht im Rahmen einer in einer örtlichen Einrichtung dieses Systems erbrachten Behandlung auferlegen.

Die Verpflichtung des zuständigen Trägers nach Artikel 22 der Verordnung Nr. 1408/71 in der durch die Verordnung Nr. 118/97 geänderten und aktualisierten Fassung und Artikel 49 EG, einem Patienten, der Anspruch auf Leistungen eines nationalen Gesundheitsdienstes hat, zu Lasten dieses Trägers eine Krankenhausbehandlung in einem anderen Mitgliedstaat zu genehmigen, wenn die Wartezeit den zeitlichen Rahmen überschreitet, der unter Berücksichtigung einer objektiven medizinischen Beurteilung des Zustands und des klinischen Bedarfs des betroffenen Patienten vertretbar ist, verstößt nicht gegen Artikel 152 Absatz 5 EG.

Die Pressemitteilung:

Urteil des Europäischen Gerichtshofes in der Rechtssache C-372/04: The Queen, auf Antrag von Yvonne Watts / Bedford Primary Care Trust and Secretary of State for Health

Pressemitteilung des Europäischen Gerichtshofs Nr. 42/06 vom 16. Mai 2006

Die Verpflichtung, die Kosten von Krankenhausbehandlungen in einem anderen Mitgliedstaat zu übernehmen, gilt auch für einen nationalen Gesundheitsdienst, der derartige Behandlungen kostenfrei erbringt

Der NHS (der britische National Health Service) kann einem Patienten die Genehmigung für eine Behandlung im Ausland nur dann unter Berufung auf das Bestehen einer Wartezeit für eine Krankenhausbehandlung im Wohnstaat versagen, wenn er nachweist, dass dieser Zeitraum nicht den in Anbetracht des Gesundheitszustands und des klinischen Bedarfs des Betroffenen medizinisch vertretbaren zeitlichen Rahmen überschreitet

Nach dem Gemeinschaftsrecht kann mit dem Vordruck E 112 die Genehmigung für eine Behandlung im Ausland beantragt werden. Diese Genehmigung darf nicht versagt werden, wenn die betreffende Behandlung in dem Mitgliedstaat, in dem der Patient seinen Wohnsitz hat, normalerweise verfügbar ist, dort aber im konkreten Fall nicht rechtzeitig erbracht werden kann. Die Krankenkasse ist dann verpflichtet, dem Patienten die Behandlungskosten zu erstatten.

Frau Watts, die an Hüftarthritis litt, beantragte beim Bedford PCT (Bedford Primary Care Trust, Trust für die Grundversorgung in Bedford) die Genehmigung für eine Operation im Ausland unter Verwendung des Vordrucks E 112. Im Rahmen der Bearbeitung des Antrags wurde sie im Oktober 2002 von einem Facharzt untersucht, der sie als „Routinefall" einstufte, was eine Wartezeit von einem Jahr bis zu einer Operation bedeutet hätte. Der Bedford PCT lehnte es ab, Frau Watts einen Vordruck E 112 auszustellen, weil die Patientin „innerhalb der Zielvorgaben der Regierung für den NHS" und damit „rechtzeitig" am Wohnort behandelt werden könne. Frau Watts erhob beim High Court of Justice eine Anfechtungsklage gegen die ablehnende Entscheidung.

Wegen einer Verschlechterung ihres Gesundheitszustands wurde Frau Watts im Januar 2003 erneut untersucht, und es wurde eine Operation in drei bis vier Monaten vorgesehen. Der Bedford PCT lehnte erneut die Ausstellung eines Vordrucks E 112 ab. Ungeachtet dessen ließ sich Frau Watts im März 2003 in Frankreich ein künstliches Hüftgelenk einsetzen; die Kosten in Höhe von 3 900 GPB beglich sie selbst. Sie betrieb deshalb das Verfahren vor dem High Court of Justice weiter und beantragte außerdem die Erstattung der in Frankreich entstandenen Behandlungskosten. Der High Court of Justice wies den Antrag mit der Begründung zurück, dass bei Frau Watts das Merkmal „nicht rechtzeitig" entfallen sei, nachdem ihr Fall Ende Januar 2003 noch einmal geprüft worden sei. Frau Watts und der Secretary of State for Health legten beim Court of Appeal Rechtsmittel gegen dieses Urteil ein. Der Court of Appeal legte daraufhin dem Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften Fragen nach der Bedeutung der Verordnung Nr. 1408/71 und der Vertragsbestimmungen über den freien Dienstleistungsverkehr vor.

Bedeutung der Verordnung Nr. 1408/711

Der Gerichtshof erinnert zunächst daran, dass im Rahmen der Verordnung Nr. 1408/71 der zuständige Träger die für die Übernahme der Kosten einer Behandlung im Ausland notwendige vorherige Genehmigung nur dann erteilt, wenn der Patient die Behandlung nicht in einem Zeitraum erhalten kann, der für diese Behandlung in dem Staat, in dem er seinen Wohnsitz hat, normalerweise erforderlich ist.

Er entscheidet, dass der zuständige Träger die Genehmigung nur dann unter Berufung auf das Bestehen einer Wartezeit versagen darf, wenn er nachweist, dass der Zeitraum, der sich aus den Zielen der Planung und der Verwaltung des Krankenhausangebots ergibt, nicht den zeitlichen Rahmen überschreitet, der unter Berücksichtigung einer objektiven medizinischen Beurteilung des klinischen Bedarfs des Betroffenen im Hinblick auf seinen Gesundheitszustand, seine Vorgeschichte, die voraussichtliche Entwicklung seiner Krankheit, das Ausmaß seiner Schmerzen und/oder die Art seiner Behinderung zum Zeitpunkt der Beantragung der Genehmigung vertretbar ist.

Außerdem muss die Festlegung von Wartezeiten auf eine flexible und dynamische Weise erfolgen, die es erlaubt, den dem Betroffenen ursprünglich mitgeteilten Zeitraum zu überprüfen, falls sich sein Gesundheitszustand nach einem ersten Genehmigungsantrag verschlechtert.

Im Fall des Ausgangsverfahrens ist es Sache des vorlegenden Gerichts, zu prüfen, ob die Wartezeit, auf die sich die zuständige NHS-Einrichtung berufen hat, in Anbetracht des individuellen Zustands und des individuellen klinischen Bedarfs der Betroffenen den medizinisch vertretbaren zeitlichen Rahmen überschritten hat.

Bedeutung des freien Dienstleistungsverkehrs

Der Gerichtshof führt aus, dass ein Fall wie der des Ausgangsverfahrens, in dem eine Person, deren Gesundheitszustand eine Krankenhausbehandlung erforderlich macht, sich in einen anderen Mitgliedstaat begibt und dort gegen Entgelt die fragliche Behandlung erhält, unabhängig von der Funktionsweise des nationalen Systems, auf dessen Leistungen diese Person Anspruch hat und bei dem später die Übernahme der Kosten der betreffenden Behandlung beantragt wird, in den Anwendungsbereich der Bestimmungen über den freien Dienstleistungsverkehr fällt.

Weiter stellt er fest, dass das System der vorherigen Genehmigung, der die Übernahme der Kosten von in einem anderen Mitgliedstaat verfügbaren Krankenhausbehandlungen durch den NHS unterliegt, die betroffenen Patienten davon abschreckt oder sogar daran hindert, sich an Erbringer von Leistungen der Krankenhausversorgung in einem anderen Mitgliedstaat zu wenden, und sowohl für diese Patienten als auch für die Leistungserbringer eine Behinderung des freien Dienstleistungsverkehrs darstellt.

Eine derartige Beschränkung kann jedoch nach Ansicht des Gerichtshofes mit zwingenden Gründen gerechtfertigt werden. Um zu gewährleisten, dass eine qualitativ hochwertige Krankenhausversorgung ständig in ausreichendem Maß zugänglich ist, und um dazu beitragen, die Kosten zu beherrschen und jede Verschwendung finanzieller, technischer und menschlicher Ressourcen zu verhindern, erweist sich das Erfordernis, wonach die Kostenübernahme für eine in einem anderen Mitgliedstaat beabsichtigte Krankenhausbehandlung durch das nationale System von einer vorherigen Genehmigung abhängig ist, als eine sowohl notwendige als auch angemessene Maßnahme.

Die Voraussetzungen für die Erteilung einer derartigen Genehmigung müssen jedoch nach Maßgabe der erwähnten zwingenden Gründe gerechtfertigt sein und dem Erfordernis der Verhältnismäßigkeit genügen. Die den NHS betreffende Regelung legt jedoch nicht die Kriterien für die Erteilung oder Versagung der vorherigen Genehmigung fest, die für die Übernahme der Kosten von Behandlungen in einem Krankenhaus in einem anderen Mitgliedstaat erforderlich ist. Sie setzt damit dem Ermessen der insoweit zuständigen nationalen Stellen keine Grenzen. Dieses Fehlen einer rechtlichen Eingrenzung erschwert zudem die gerichtliche Kontrolle der Entscheidungen, mit denen die Genehmigung versagt wird.

Der Gerichtshof entscheidet insoweit, dass, wenn sich herausstellt, dass der sich aus Wartelisten ergebende Zeitraum im Einzelfall den zeitlichen Rahmen überschreitet, der unter Berücksichtigung einer objektiven medizinischen Beurteilung sämtlicher Umstände, die den Zustand und den klinischen Bedarf des Betroffenen kennzeichnen, vertretbar ist, der zuständige Träger die Genehmigung nicht unter Berufung auf die Existenz dieser Wartelisten, auf eine Beeinträchtigung der üblichen Prioritätenfolge nach Maßgabe der jeweiligen Dringlichkeit der zu behandelnden Fälle, auf die Kostenfreiheit der Krankenhausbehandlungen, auf die Verpflichtung, für die Übernahme der Kosten einer in einem anderen Mitgliedstaat beabsichtigten Behandlung besondere finanzielle Mittel vorzusehen, und/oder auf einen Vergleich der Kosten dieser Behandlung und der Kosten einer gleichwertigen Behandlung im Wohnmitgliedstaat versagen kann.

Die verantwortlichen Stellen eines nationalen Gesundheitsdienstes wie des NHS müssen folglich Mechanismen für die Übernahme der Kosten von Krankenhausbehandlungen vorsehen, die in einem anderen Mitgliedstaat Patienten erbracht werden, denen der betreffende Dienst die erforderliche Behandlung nicht innerhalb eines medizinisch vertretbaren zeitlichen Rahmens erbringen kann.

Erstattungsmodalitäten

Der Gerichtshof entscheidet, dass ein Patient, dem eine Krankenhausbehandlung in einem anderen Mitgliedstaat (Aufenthaltsstaat) genehmigt wurde oder dem die Genehmigung mit einem unbegründeten Bescheid versagt wurde, Anspruch auf Übernahme der Behandlungskosten durch den zuständigen Träger nach den Rechtsvorschriften des Aufenthaltsstaats hat, als ob er in diesem Staat versichert wäre. Werden die Kosten nicht vollständig übernommen, so impliziert das Gebot, den Patienten in die Lage zu versetzen, in der er sich befunden hätte, wenn der nationale Gesundheitsdienst, auf dessen Leistungen er Anspruch hat, ihm innerhalb eines medizinisch vertretbaren zeitlichen Rahmens kostenfrei eine der Behandlung im Aufenthaltsmitgliedstaat gleichwertige Behandlung hätte erbringen können, dass der zuständige Träger verpflichtet ist, sich zu Gunsten des Betroffenen ergänzend in Höhe der Differenz zwischen dem Betrag, der den Kosten dieser gleichwertigen Behandlung im Wohnmitgliedstaat entspricht, nach oben begrenzt durch den für die Behandlung im Aufenthaltsstaat in Rechnung gestellten Betrag, und dem Betrag der Beteiligung des Trägers des Aufenthaltsstaats, der sich aus der Anwendung der Rechtsvorschriften dieses Staates ergibt, zu beteiligen, wenn der erste Betrag höher ist als der zweite. Sind dagegen die im Aufenthaltsstaat in Rechnung gestellten Kosten höher als die Kosten einer gleichwertigen Behandlung im Wohnstaat, so muss der zuständige Träger die Differenz zwischen den Kosten der Krankenhausbehandlung in den beiden Mitgliedstaaten nur in Höhe der Kosten der gleichwertigen Behandlung im Wohnstaat decken.

Die Reise- und Unterbringungskosten werden, da sich die Verpflichtung des zuständigen Trägers ausschließlich auf die Kosten bezieht, die mit der Gesundheitsversorgung verbunden sind, die der Patient im Aufenthaltsmitgliedstaat erhalten hat, nur insoweit übernommen, als die Rechtsvorschriften des Wohnmitgliedstaats dem nationalen System eine entsprechende Übernahmepflicht im Rahmen einer in einer örtlichen Einrichtung dieses Systems erbrachten Behandlung auferlegen.

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1 Verordnung (EWG) Nr. 1408/71 des Rates vom 14. Juni 1971 zur Anwendung der Systeme der sozialen Sicherheit auf Arbeitnehmer und Selbständige sowie deren Familienangehörige, die innerhalb der Gemeinschaft zu- und abwandern, in der durch die Verordnung (EG) Nr. 118/97 des Rates vom 2. Dezember 1996 (ABl. 1997, L 28, S. 1) geänderten und aktualisierten Fassung.

Originaltext des Urteils:

Urteil des Europäischen Gerichtshofes in der Rechtssache C-372/04: Watts