Anerkennung eines Skilehrer-Diploms

Gegenseitigkeitserfordernis ist unzulässig
(C-142/01 vom 16.05.2002, Kommission/Italien)

Der Fall:

Im März 2001 erhob die Kommission der Europäischen Gemeinschaften Klage gegen die Italienische Republik, weil diese eine Regelung mit folgendem Inhalt in Kraft hatte: „Die Regionen regeln die ordnungsgemäße Ausübung der Tätigkeit der ausländischen Skilehrer, die nicht in den regionalen Berufsverzeichnissen eingetragen sind, in ihrem Gebiet. Die Genehmigung der Ausübung dieses Berufes hängt von der Anerkennung der Gleichwertigkeit der Diplome sowie der Gegenseitigkeit durch den italienischen Wintersportverband im Einvernehmen mit dem in Artikel 15 genannten nationalen Gremium ab.“                                          

Die Kommission war der Auffassung, dass das Gegenseitigkeitserfordernis gegen die Richtlinie 92/51/EWG verstoße. Artikel 3 Absatz 1 a) der Richtlinie 92/51 bestimmt: „Wird der Zugang zu einem reglementierten Beruf oder dessen Ausübung im Aufnahmestaat von dem Besitz eines Diploms im Sinne dieser Richtlinie oder der Richtlinie 89/48/EWG abhängig gemacht, so kann die zuständige Behörde unbeschadet der Anwendung der Richtlinie 89/48/EWG einem Angehörigen eines Mitgliedstaats den Zugang zu diesem Beruf oder dessen Ausübung unter denselben Voraussetzungen wie bei Inländern nicht wegen mangelnder Qualifikation verweigern, wenn der Antragsteller das Diplom im Sinne dieser Richtlinie oder der Richtlinie 89/48/EWG besitzt, das in einem anderen Mitgliedstaat erforderlich ist, um Zugang zu diesem Beruf in seinem Hoheitsgebiet zu erhalten oder ihn dort auszuüben, und wenn dieses Diplom in einem Mitgliedstaat erworben wurde (...)“.

In ihrer Erwiderung hat die italienische Regierung erklärt, das Gegenseitigkeitserfordernis, das Gegenstand der Klage sei, niemals angewandt zu haben.

Laut Europäischem Gerichtshof kann zum einen die Erfüllung der Verpflichtungen, die der EG-Vertrag und das abgeleitete Recht den Mitgliedstaaten auferlegen, nicht an eine Bedingung der Gegenseitigkeit geknüpft werden und zum anderen eine bloße Verwaltungspraxis, die die Verwaltung naturgemäß beliebig ändern kann und die nur unzureichend bekannt ist, nicht als rechtswirksame Erfüllung der Verpflichtungen aus dem Vertrag angesehen werden.

Das Urteil:

Die Italienische Republik hat dadurch gegen ihre Verpflichtungen aus der Richtlinie 92/51/EWG des Rates vom 18. Juni 1992 über eine zweite allgemeine Regelung zur Anerkennung beruflicher Befähigungsnachweise in Ergänzung zur Richtlinie 89/48/EWG verstoßen, dass sie Artikel 12 Nummer 1 des Gesetzes Nr. 81, Legge-quadro per la professione di maestrodi sci e ulteriori disposizioni in materia di ordinamento della professione di guida alpina (Rahmengesetz für den Beruf des Skilehrers und für ergänzende Bestimmungen zur Regelung des Berufes des Bergführers), vom 8. März 1991, der die Anerkennung des Skilehrer-Diploms von einem Gegenseitigkeitserfordernis abhängig macht, aufrechterhalten hat.

Originaltext des Urteils:

Urteil des Europäischen Gerichtshofes in der Rechtssache C-142/01: Kommission/Italien