Ausgleichszulage für die Bewirtschaftung benachteiligter landwirtschaftlicher Gebiete

Die Gewährung darf von einem Wohnorterfordernis oder alternativen Voraussetzungen abhängig gemacht werden
(C-9/97 und C-118/97 vom 22.10.1998, Jokela und Pitkäranta)

Der Fall:

Das Ehepaar Jokela und Frau Pitkäranta sind jeweils Eigentümer eines landwirtschaftlichen Betriebes. Die Betriebe liegen in finnischen Gemeinden, die als benachteiligte Gebiete eingestuft sind.
Frau und Herr Jokela wohnen in Deutschland. In den Sommerferien 1995 kümmerten sie sich beide mit Unterstützung von Familienangehörigen um ihren Hof.
Frau Pitkäranta wohnt 70 Kilometer von ihrem Hof entfernt. Der Hof wird von der väterlichen Familie mit Unterstützung einer fremden Arbeitskraft bewirtschaftet.
1995 beantragten Frau Jokela und Frau Pitkäranta die Gewährung einer Zulage zum Ausgleich der sich aus der Bewirtschaftung benachteiligter landwirtschaftlicher Gebiete ergebenden Nachteile. Diese Anträge wurden unter Hinweis auf die einschlägigen finnischen Rechtsvorschriften abgelehnt. Hiernach könne die Ausgleichszulage nur an einen Landwirt gezahlt werden, der entweder auf dem Hof selber wohne, nicht mehr als 12 Kilometer davon entfernt wohne oder - bei Vorliegen eines besonderen Grundes - dem Landwirt, der seinen Betrieb selber führe und mindestens 50 % seines gesamten Einkommens durch die landwirtschaftliche oder vergleichbare Tätigkeiten erziele.

Laut Europäischem Gerichtshof sind die genannten Voraussetzungen für die Gewährung der Ausgleichszulage in Anbetracht des mit ihr verfolgten Ziels, nämlich die Fortführung der landwirtschaftlichen Erwerbstätigkeiten und somit die Erhaltung eines Minimums an Bevölkerungsdichte in benachteiligten Gebieten sicherzustellen, zulässig.

Das Urteil:

1. Die Artikel 17 und 18 der Verordnung (EWG) Nr. 2328/91 des Rates vom 15. Juli 1991 zur Verbesserung der Effizienz der Agrarstruktur und Artikel 1 der Richtlinie 75/268/EWG des Rates vom 28. April 1975 über die Landwirtschaft in Berggebieten und in bestimmten benachteiligten Gebieten stehen der Gewährung einer Zulage zum Ausgleich ständiger natürlicher Nachteile an einen Landwirt, der nicht dauernd auf seinem Hof wohnt, nicht entgegen.

2. Weder der Grundsatz der Gleichbehandlung noch der der Rechtssicherheit stehen einer Regelung entgegen, nach der ein Landwirt, der die Ausgleichszulage beansprucht und mehr als 12 Straßenkilometer vom betrieblichen Mittelpunkt des Hofes entfernt wohnt, den Hof selbst bewirtschaften und mindestens 50 % seines Einkommens aus einer landwirtschaftlichen oder vergleichbaren Tätigkeit erzielen und zudem das Vorliegen eines besonderen Grundes nachweisen muss.

Originaltext des Urteils:

Urteil des Europäischen Gerichtshofes in den Rechtssachen C-9/97 und C-118/97: Jokela und Pitkäranta